Maja Ilisch, 1987
Robbi die Robbe

Robbi die Robbe schwimmt glücklich im Meer:
Er wiegt sich im Wasser, er treibt hin und her.
Er fängt einen Fisch, und dann beißt er hinein:
So schön kann das Leben eines Robbenkindes sein.

Robbi die Robbe liegt träumend am Strand:
Er träumt von 'nem Fisch, weil er heut keinen fand.
'ne Fabrik kippt ins Meer ihren Abfall hinein,
da gehen die meisten Fische dran ein.

Robbi die Robbe liegt heulend am Meer:
Seine Mutter ist tot, sie kommt nie wieder her.
Sie ist in das Ölfeld des Tankers geschwommen,
da hat sie die tödliche Ölpest bekommen.

Robbi die Robbe liegt vor Krankheit ganz starr:
Er fraß nur noch Fisch, der vergiftet war.
Das Meer ist voll Abfall, voll Schmutz und voll Dreck,
die letzten gesunden Fische sind weg.

Robbi die Robbe liegt tot nun im Sand,
wie alle Tiere in diesem Land.
Die Welt ist ein stinkendes Abfalloch -
nur die Mörder - die Menschen - die leben noch!

(Robbi die Robbe, Gedicht, 1987)
 

Durch ein Projektwochenthema entdeckte Maja ihren Lebenssinn in tiefsinnigen Gedichten, die meisten von ihnen, wie es sich gehörte, nicht gereimt. Für einen Themenwettbewerb (Gedichte über Robbi die Robbe) schreibt sie ein paargereimtes, brechtesques Gedicht, das zwar nicht gewinnt, aber in der Pfarrzeitung der Dülmener Heilig-Kreuz-Kirche abgedruckt wird - ihre erste richtige Veröffentlichung, und es sollten Jahre vergehen, bis sie begann, sich von der Message-Dichtung zu distanzieren - als nämlich ihr Deutschlehrer, dem die Gedichte selbstverständlich vorgelegt wurden, ihr ein Lob dafür aussprach, wie gut sie Käsdtners Stil doch getroffen hatte - und das, obwohl sie doch so sein wollte wie Berthold »Doch ihr, ich bitte euch, wollt nicht in Zorn verfallen« Brecht…
Danach schrieb sie nur noch Nonsensgedichte.
Auch ihrem ersten Fantasyromanversuch schob das Schicksal einem Riegel vor: Offenbar gab es bereits ein Buch, in dem ein Mädchen durch einen Spiegel ging und eine fremde Welt entdeckte…

Drei Jahre später…