Nein, nicht Michael Jackson … Maja an ihrem 18. Geburtstag.

Maja Ilisch, 1993
Hölle, alles Inklusive

Lord L. bekam einen seiner Wutanfälle. Sein Gesicht lief noch röter an, als es ohnehin schon war, und dicke gelbe Schwefelwolken quollen aus seinen Nasenlöchern. Er schnaubte laut, da er recht korpulent war und es ihn anstrengte, sich aufzuregen.
»Du… Hornochse [jugendfreier Ersatzausdruck]!« brüllte er. »Hast du keine Augen im Kopf? Du hast die Falsche geholt!«
Schai atmete werleichtert auf. Sie hatte erwartet, daß sich das Mißverständnis früher oder später von selbst aufklären würde.
»Ich kann nichts dafür«, sagte Schaschlik kleinlaut. »Ihr habt mir kein Bild gezeigt von der Frau, die ich holen sollte. Und auf dem Zettel stand nicht, daß zwei in der Wohnung wohnten.«
»Du hättest sie zur Sicherheit nach ihrem Namen fragen sollen, du Obertrampel! Nicole Tetzner! Und wer ist sie?«
»Jaqueline Weis«, sagte Schai. Der arme Teufel tat ihr leid. »Nitz - ich meine Nicole - ist meine Freundin. Ich spiele sonst nie Poker. Kann ich jetzt gehen?«
»Sie gehen lassen?« schnaubte Lord L. »Warum in drei Teufels Namen sollte ich das? Ihre Seele gehört mir. Sie haben nicht Nicole Tetzners Seele verspielt, sondern Ihre eigene. Sie bleibern schön hier, hören Sie?«
Schai seufzte. Das war dumm. »Aber ich dachte, Sie sind hinter Nicole her! Was nutze ich Ihnen?«
»Gar nichts. Die wenigsten Seelen nutzen mir etwas. Aber die Seele von Nicole Tetzner bekomme ich so oder so. Und sie nutzt mir.«
»Muß ich jetzt noch einmal auf die Erde zurück?« fragte der arme Schaschlik unglücklich.
»Nein«, sagte Lord L. in gemäßigtem Tonfall, denn selbst ein Teufel kann nicht unbegrenzt in der Gegend herumbrüllen, ohne daß ihm die Luft ausgeht. »Nein, du würdest doch nur alles falsch machen und mir noch mehr unnütze Leute anschleppen. Ich sehe schon, daß die Sache mal wieder an mir hängenbleibt.«
Von einem letzten Schnaufen und einer Schwefelwolke begleitet, stürmte er aus der Hölle…

(aus: Hölle, alles Inklusive, 1993)
 

Mit der Volljährigkeit wollte Maja weg von sinnloser Klamauk-Komik hin zu hintergründigem Feinsinn - oder, wie ihr Vater es nannte: Wesentlich werden (eine der vernichtendsten Kritiken, die er kannte). In der Oberstufe erwies sich das Schreiben im Unterricht als einfacher, da man von den Schülern erwartete, daß sie mitschrieben - und niemand kontrollierte, was.
Sie versuchte sich weiterhin an Krimis (weder »Das Mörderspiel« noch »Alibi für einen Geist« wurden jemals fertig) und scheiterte mit ihrem ersten, namenlosen Fantasyroman daran, daß sie auf Seite 60 alle Helden in den Kerker verfrachtet hatte - ohne eine Ahnung, wie sie die dort jemals wieder herausbekommen sollte. Der Löwe läßt grüßen…

Drei Jahre später…