Majas ganz und gar seriöses Bewerbungsphoto - so muß eine Buchhändlerin aussehen!

Maja Ilisch, 1999
Die Spinnwebstadt

Berge wie diese hatte Mowsal noch nie gesehen. Gut, ihm fehlte generell die Erfahrung mit Gebirgen. Astulehla hatte zwar an der südlichen Küste schroffe Kalksteinklippen, die zum Meer hin abfielen, und dort hatte seine Familie einmal Urlaub gemacht, als er sechs Jahre alt war - aber ansonsten fehlten seiner Heimat richtige Berge. Dann waren da natürlich noch die Hügel in Gondria, aber auch die konnte man nicht mit dem hier vergleichen. Diese Berge waren steinerne Riesen, und die Aura, die sie umgab, war mehr als unheimlich. Die ganze Gegend hatte etwas Abschreckendes, Menschenfeindliches an sich, und Mowsal begriff nicht, wie irgend jemand freiwillig hier wohnen konnte, oder sogar noch Geld ausgeben, um den Urlaub hier zu verbringen. Was ihn an den Bergen störte, war nur schwer in Worte zu fassen. An der Farbe lag es nicht - von ihm aus konnten Berge so rot sein, wie sie wollten. Aber sie waren irgendwie nicht… bröckelig genug. Die Oberfläche des Steins sah nicht so aus, als habe ihr der Zahn der Zeit jemals etwas anhaben können. Nicht Regen, nicht Wind hatte diesen Stein bearbeitet, nirgends wuchs auch nur eine Spur von Moos, und, wo Mowsal gerade dabei war, auch sonst nichts. Es gab hier mit Glück ein armseliges Grasbüschel oder einen verirrten Strauch zwischen zwei Bergen, aber das reichte nicht, um von Bewuchs zu sprechen. Es war, als trauten sich nicht einmal die Pflanzen in diese Gegend.

(aus: Die Spinnwebstadt, Drittes Buch, 1999)
 

Als jüngste Diplombibliothekarin Nordrheinwestfalens wurde sie 1997 auf die Welt losgelassen, doch die Welt hatte keinen Bedarf an Diplombibliothekarinnen. So begann sie 1998 eine Ausbildung zur Buchhändlerin (die sie übrigens im jahr 2000 als Jahrgangsbeste vor der IHK Köln abschließen sollte) (was ihr im Endeffekt soviel nutzte wie ihr Bibliotheksdiplom).
Aber längst war ihr klar, daß ihre eigentliche Berufung das Schreiben war. Sie reichte »Eine Flöte aus Eis« für den Wolfgang-Holbein-Preis einund bekam ihn ein halbes Jahr später mit freundlichem Bedauern zurück, was ihr nicht mehr ganz so viel ausmachte, da sie längst an ihrem wahren Opus Magnum arbeitete: Dem vierbändigen Zyklus »Die Spinnwebstadt«.
Thematisch ist sie jetzt bis auf weiteres auf ernsthafte Fantasy festgelegt, weil ihr diese das weiteste Feld für ihre Ideen läßt - dennoch müssen, hier meldet sich wieder die Chemie-Leistungskursschülerin, elementare Dinge wie Naturgesetze und Logik eingehalten werden. Ihren Verlag »Eulenhof-Bücher« nannten sie und Monica um in »Nachtkauz-Verlag« um.
Um den Klischees noch ein weiteres hinzuzufügen, bildete sie mit zwei dunkel angehauchten Malerinnen, Rollenspielerinnen wie sie, die Künstlerkommune Hollow Willow, in der sie das unberechenbare, chaotische Element darstellt. In ihrem Freund Christoph hat sie Muse und Kritiker in einem, und lägen nicht achtig Kilometer Distanz zwischen den beiden, wer weiß, was aus ihrer Schreiberei geworden wäre - denn nirgends schreibt es sich so gut, wie auf Bahnfahrten…

Drei Jahre später…