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Kahlschlag ‘23

Seit ich im Herbst 2000 den »Chroniken der Elomaran« eine eigene Webseite spendiert habe mit dem erklärten Ziel, dass mehr Leute die Geschichte lesen und mir dann sagen sollten, dass sie toll war, hat es das ein oder anderen Redesign gegeben. Das erste Design, an Schlichtheit nicht zu überbieten, wurde erweitert, verfeinert, über den Haufen geworfen, wie man auf der Seite zur Webseitgeschichte im Screenshot nachverfolgen kann. Endlich, 2008, fand ich mein Traumdesign, schrieb den Quellcode dazu im Text-Editor, und war glücklich. Und wenn ich mir die Seite von damals anschaue, kann ich nicht anders als sagen, ja, so soll sie aussehen, die Seite zu den Elomaran.

Das Problem ist nur – so sieht sie für die allerwenigsten Internetbenutzer aus. Seit Anfang 2008 hat sich die Welt weitergedreht, die Technik weiterentwickelt. Und nur noch der geringste Teil der Webbenutzer surft am Desktoprechner. Deutlich mehr sind da am Smartphone unterwegs, einem Gerät, dessen Existenz ich zum Zeitpunkt, als ich die Seite gecodet habe, noch nicht absehen konnte und das doch gar nicht so lang nach dem Relaunch auf den Markt gekommen ist. Bis 2008 war ich mit der Webseite immer am Puls der Zeit, verfolgte aktuelle CSS-Entwicklungen und Designtrends – danach machte ich einen Haken drunter, rührte den Code nicht mehr an, und ignorierte relevante Änderungen komplett. Das Ergebnis: Fünfzehn Jahre später ist diese Webseite für zu viele komplett unbenutzbar.

Nicht, dass es darauf noch ankäme. Denn auch neue Inhalte suchte man dort seit 2010 vergeblich. Damals schrieb ich »Falkenwinter« zu Ende, lud die letzten Kapitel auf die Seite hoch, und berief mich für die nächsten Jahre darauf, dass die Seite so dermaßen umfangreich wäre, dass niemand dort neue Inhalte so schnell vermissen würde. Bis man vier komplette Bücher gelesen hat plus den Anfang des Fünften … So fiel die Seite in einen Dornröschenschlaf. Und nicht nur die Seite. Auch an den Chroniken selbst schrieb ich nicht weiter.

2011 hatte ich noch ein paar neue Kapitel für das fünfte Buch, »Zornesbraut« geschrieben (die es nie auf die Webseite schafften) zustande gebracht – mich endlich daran gemacht, die Handlungsstränge von Alexander und Varyn zusammenzuführen, auch wenn es noch ein Weilchen dauern wird, bis die beiden leibhaftig aufeinandertreffen werden, bis mir mitten in einem Kapitel, das einmal das siebte werden sollte, der Plot ausging. Und statt dieses Loch zu stopfen, schrieb ich nicht weiter. Zwölf lange Jahre lang schrieb ich vieles, aber kein Wort an den Elomaran. Ich wandelte mich vom Hobbyautor zum Profi, ich veröffentlichte sieben Bücher, und ich rechnete nicht mehr damit, jemals wieder an den Elomaran weiterzuschreiben.

Es war ja nicht so, dass irgendjemand darauf warten würde. Meine Agentin, natürlich, fragte alle paar Jahre mal danach, sie hat die Hoffnung nicht aufgegeben, aber die Verlagswelt hatten wir 2009 und 2010 abgeklappert, mit zum Teil großen Interesse und am Ende doch immer Absagen. Und auch über die Webseite kam zehn Jahre lang keinerlei Leserfeedback herein – und ich vermisste es auch nicht. Feedback bekam ich in Form von Rezensionen zu meinen veröffentlichten Romanen, durch Begegnungen auf Lesungen, und über meine Autorenfreunde, und damit war meiner Eitelkeit Genüge getan und meinen Bedürfnis nach Seelenstreicheleinheiten auch – bis ich, zwölf Jahre später, wieder in die Elomaran reinschlitterte, mein Plotproblem löste, und einen Monat später stolze 200 Seiten an neuem Text aufweisen konnte.

Und da stach sie mir wie ein Schandfleck ins Auge: Die Elomaran-Webseite. Jetzt genügte sie nicht nur keinen Design- und Technikanforderungen mehr, jetzt war sie geradeheraus kontraproduktiv für meine Interessen. Denn inzwischen war er wieder da, der Wunsch, die »Chroniken der Elomaran« nicht nur fertigzuschreiben, sondern auch zu veröffentlichen. Und das nicht als Selfpublisher, das habe ich hinter mir, dazu fehlt mir die Energie, sondern über einen richtigen, gerne auch großen, Verlag. Nur hat man da inzwischen echt schlechte Karten, wenn ein Text schon online veröffentlicht worden ist. Und hier standen viereinviertel Bücher online, komplett und ungekürzt, bereit, mir das Genick zu brechen.

Ich wollte schon Tabula Rasa machen – die Seite komplett aus dem Netz nehmen. Schade um das schöne Design, und es hängen sentimentale Erinnerungen dran, habe ich doch über die Webseite seinerzeit überhaupt erst meine Agentur gefunden – aber ich bin weitergezogen, ich lebe davon, eine ernstzunehmende Autorin zu sein, und ich will diesem Buch nicht seine Marktchancen verbauen für eine Webseite, die ohnehin niemand mehr liest. Und so bat ich meine Agentin, den Link von der Agenturwebseite zu nehmen – und sie meinte, ich sollte doch einfach die fraglichen Texte runternehmen und die Seite stehenlassen, sie ist schließlich immer noch schön … Und so wuchs der Plan, die Webseite generalzuüberholen. Wenn schon, wollte ich es richtig machen, mit einem responsiven Webdesign, das auch dem mobil surfenden User etwas zu bieten hat.

In den vergangenen Jahren hatte ich aus genau dem Grund schon diverse andere Webseiten von mir mithilfe von WordPress neu aufgezogen – meine offizielle Autorenwebseite, mein Gamingrezensionsblog, die Seite meiner Autorenfreundin Anika Beer … So gern ich auch immer meine von Grund auf selbstgeschriebenen Seiten geliebt habe, beherrsche ich einfach kein Liquid Design, und meine Seiten sehen am Desktop toll aus, nur um dafür am Smartphone überhaupt nicht zu funktionieren. Und da ist dann die Nutzbarkeit wichtiger als mein Entwicklerstolz. WordPress beherrsche ich inzwischen gut genug, dass die Seiten tun, was sie sollen, aussehen, wie sie sollen, und mobil immer noch lesbar sind. Und so nahm ich mir als größeres Projekt für den August, wenn die Leseprobe für mein nächstes Kinderbuchprojekt beim Verlag liegt vor, die Elomaran-Seite komplett neu aufzuziehen. Benutzerfreundlich. Und ohne den kompletten Text von viereinviertel Bänden.

Natürlich mochte ich dann doch nicht so lange warten. Webdesign und Leseprobeschreiben geht schließlich auch parallel. So machte ich noch meine Jurybewertungen für das PAN-Stipendium, wo ich Juror in der Kategorie »Debüt« bin, fertig, denn daneben hatte ich wirklich keine Zeit für andere Dinge – und nahm mir dann die Webseite vor. Eine WordPressinstallation ist schnell angelegt, und um am Design zu feilen, war noch viel Zeit – und so fing ich an, am Stylesheet zu schrauben, aber alles, was ich ausprobierte an neuen Designs, gefiel mir nicht halb so gut wie das Alte. Ich wollte nicht das Rad neu erfinden. Ich wollte eine Webseite, die genauso aussehen sollte wie die alte – zumindest am Desktoprechner. Wenn schon Kahlschlag beim Inhalt, sollte zumindest optisch möglichst alles beim Alten bleiben.

Es verlangte mir tatsächlich all meine WordPresskenntnisse ab, aber es klappte. Unter der Haube ist WordPress schon wirklich sehr anders als mein handschriebenes Design, und ich musste viel tricksen und noch häufiger fluchen, aber am Ende stand mein Design wie eine Eins und war auf den ersten Blick nicht von der alten Seite zu unterscheiden. Und damit ist es, das muss ich sagen, das erste Mal, dass ich mit einem WordPress-Design so zufrieden bin wie mit einem eigenen Stylesheet, bei dem ich die Elemente pixelgenau dorthin schieben kann, wo ich will, und von meinen aktuellen Seiten ist es mir die bisher liebste. Ich bleibe also am Desktop meinem Negativ-Design mit heller Schrift auf dunklem Grund, wie ich es seit  Herbst 2000 verwendet habe, treu – während ich für Mobilgeräte eine schlichte, gut lesbare, schnell ladende schwarz-auf-weiß Variante, die das Download-Volumen schont, im Angebot habe.

So viel also zum Design. Nun also zu den Inhalten. Da sind also als allererstes Sachen gegangen. Die ganzen Texte – weg. Nur kann man mit Gelöschtem nur schlecht eine Webseite füllen. Aber ich habe diverse Hintergrundinfos, um das auszugleichen. Hier ein bisschen weltenbau, da ein paar Figureninfos, und irgenwie habe ich dann doch einiges zusammenbekommen. Ein paar Sachen sind sogar zurückgekehrt, die früher einmal auf der Webseite waren und in der Zwischenzeit verschwunden sind: Das alte Blog war daran gescheitert, dass die Blogsoftware nicht mehr weiterentwickelt wurde und alle Plugins nicht mehr funktionierten, die Figurendatenbank war nicht mehr mit aktuellen PHP-Versionen kompatibel – da konnte ich mithilfe der Wayback-Machine die Inhalte rekonstruieren, und jetzt ist sie zumindest als alphabetisches Verzeichnis wieder da. Und für das Blog habe ich alle Artikel mit dem Schlagwort Elomaran aus meinem Autorenblog zurückimportiert.

Jetzt ist sie also fertig, die neue alte Elomaran-Webseite. Die Frage ist, wie gut sie funktioniert. Wer intersssiert sich für das Hintergrundmaterial einer epischen Romanreihe, die es nirgendwo zu kaufen und nun auch nicht mehr online zu lesen ist? Das wird sich zeigen. Aber ich betrachte sie als Work in Progress. Dafür, dass ich seit über dreiundzwanzig Jahren an dieser Geschichte arbeite, habe ich nämlich erstaunlich wenig schriftlich festgehaltene Hintergrundinfos und immer noch den größten Teil in meinem Kopf – und leider in den letzten zwölf Jahren das eine oder andere vergessen, aber es ist schon ziemlich viel wieder zu mir zurückgekommen. Diese Sachen schreibe ich jetzt, so will es der Plan, nach und nach auf. Dann packe ich sie auf die Webseite. Und wenn die Chroniken abgeschlossen sind, alle acht oder so Bände, und ein Verlag anfängt, sie zu veröffentlichen – dann habe ich hier eine echt tolle Webseite dazu.

Bis dahin habe ich eine Seite, an der zumindest ich mich selbst erfreuen kann und derer ich mich nicht zu schämen brauche. Meine offizielle Autorenseite wird weiterhin meine Hauptpräsenz darstellen, aber ich werde alle Blogartikel, die sich mit den Elomaran befassen, parallel hier veröffentlichen. Und wenn jetzt jemand über diese Seite stolpert und die Romantexte bitter vermisst, oder damals alles gelesen hat und jetzt doch gerne wissen möchte, wie es weitergeht: Schreibt mir einfach eine Mail. Ich kann zwar nicht mehr alle Texte einfach so online stellen – aber dafür suche ich doch immer noch Betaleser:innen, die Lust haben, mich durch den Entstehungsprozess der Elomaran zu begleiten. Und da stehen mir noch ein paar Jahre Arbeit ins Haus. Jetzt wieder mit Liebe und Herzblut – und mit einer funktionierenden Webseite.

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