Neu im Blog

Archive

bookmark_borderPerspektivisch herausgefordert

Alles, aber auch wirklich alles, ist aus dem Ruder gelaufen, seit ich vor bald vierundzwanzig Jahren mit der Arbeit an den »Chroniken der Elomaran« angefangen habe – auch die Perspektivträger. Und jetzt, wo die beiden ehemals getrennten Handlungsstränge zusammengelaufen sind, muss ich das irgendwie ausbaden. Ich habe schlichtweg zu viele Perspektiven.

Ich mag Bücher, die stringent vom Anfang bis zum Ende aus einer einzigen Perspektive erzählt werden. Da wissen die Leser:innen niemals mehr als der Perspektivträger, wichtige Dinge passieren auch mal off-camera, so wie man im wirklichen Leben ja auch nur weiß, was man selbst weiß, und nicht anderen in die Köpfe schauen kann. Nachdem ich meine »Flöte aus Eis« aus vier Perspektiven erzählt hatte, wollte ich mich an das Risiko wagen, einmal wirklich bei einem Perspektivträger zu bleiben, mit allen Chancen und Einschränkungen, die damit einhergehen. Und das habe ich durchgezogen.

Auf insgesamt über achthundert Seiten wird die »Spinnwebstadt« komplett aus Sicht des jugendlichen Einbrechers und notorischem Schulschwänzer Mowsal erzählt. Und weil sich Mowsal gerade zu Anfang der Geschichte für vieles einfach nicht interessiert – seine typischste Geste ist das Schulternzucken – gibt es dann auch entsprechend viel, das die Leser:innen erst nach und nach erfahren. Mowsal ist ein durchaus starker Perspektivträger, macht eine interessante Wandlung vom egoistischen Arschloch zum einfühlsamen Weltenretter durch, und seine Perspektive wandelt sich entsprechend mit ihm.… Weiterlesen

bookmark_borderEin umfangreiches Problem

In den Jahren, seit ich mit der Arbeit an den »Chroniken der Elomaran» angefangen habe, habe ich mich in jedweder Hinsicht weiterentwickelt. Damals, Anfang 2000, hatte ich zwar schon mehr als zehn Jahre Schreiberfahrung im Rücken, aber noch nicht wirklich viel zu Ende geschrieben. Ich trat auf der Stelle mit der »Spinnwebstadt«, die ich für mein Opus Magnum hielt und an der ich zu dem Zeitpunkt seit drei Jahren arbeitete, was mir sehr lang vorkam – ich war knapp fünfundzwanzig Jahre alt, ich war ungeduldig, und ich brauchte ein Erfolgsergebnis. Ein Erfolgsergebnis, das war endlich wieder ein fertiges Buch, und ein Buch ist fertig, wenn ich das sage.

Heute steht die »Spinnwebstadt« als ein einziger Roman in meinem Werkeverzeichnis, aber damals, als ich daran schrieb, war sie ein Vierteiler. Das hatte einen ganz einfachen Grund: Wenn ich wollte, dass jemand meine Bücher las – also zum Beispiel meine Mutter oder mein Freund – dann druckte ich ihnen ein Exemplar aus, hübsch formatiert und im A5-Format, damit man es gut in die Hand nehmen konnte, und ging damit in den Copyshop, wo ich das Ganze binden ließ. Heißleimklebebinung, lautete das Zauberwort, Kostenpunkt um die 6 D-Mark pro Band – und mit einem begrenzenden Faktor.… Weiterlesen

bookmark_borderToxic Love

Vor bald vierundzwanzig Jahren begann die Arbeit an den  »Chroniken der Elomaran«. Das erste Buch, »Engelsschatten«, entstand von Februar bis Oktober 2000, und ich habe nie wieder etwas für so eine klar benannte Zielgruppe geschrieben. Meine Zielgruppe waren meine beiden Mitbewohnerinnen. Ich schrieb nahezu jeden Tag an dem Buch, und abends in der WG-Küche erzählte ich, was im Buch passiert war, was ich noch zu schreiben geplant hatte, und holte mir meinerseits Anregung, wie es weitergehen sollte. Meine Mitbewohnerinnen durften Wünsche für den Fortgang der Geschichte äußern, und ich bemühte mich, das dann so umzusetzen, dass es uns allen dreien gefallen sollte. Und ein Wunsch, der sich sehr früh rauskristallisierte, war, dass Halan und Alexander ein Paar werden sollten.

Ich war, was das anging, selbst erst einmal skeptisch. Mein Problem war nicht, dass ich mir nicht vorstellen konnte, schwule Hauptfiguren zu haben – im Gegenteil. Ich wusste damals längst, dass ich bi bin, ich fand, wir brauchen mehr queere Figuren in Büchern, was damals wirklich noch ein rechte Seltenheit war, und ich hatte auch vorher schon ein schwules Liebespaar auftreten lassen. Auch, dass die beiden verwandt sind – Alexander, der jüngere der beiden, ist tatsächlich Halans Onkel – , sah ich nicht als großes Hindernis.… Weiterlesen

bookmark_borderKlappe zu und fertig III

Uffz. Dreimal uffz. Ich habe den Quattrick geschafft. Vier Bücher in einem Jahr fertiggesschrieben – aber was sich davon gerade wie der größte Erfolg anfühlt, ist das Vierte. »Zornesbraut«, das fünfte Buch der »Chroniken der Elomaran«, ist fertig. Dass es rund 650 Seiten hat, rund 170.000 Wörter, das ist nicht das, was diese Leistung so gewaltig macht. Dicke Bücher habe ich auch früher schon geschrieben, und »Das Lächeln des Mondes«, der erste Band der »Tränenjäger«, was im April fertiggeworden ist, hat einen vergleichbaren Umfang. Nein, das Besondere in diesem Fall ist der Zeitraum, in dem das Buch entstanden ist.

Ich habe schon öfter lang an einem Buch geschrieben. Sechs Jahre waren es an »Geisterlied«, acht am »Gefälschten Herz« – über solche Zeiträume kann »Zornesbraut« nur lachen. Nicht weniger als siebzehneinhalb Jahre ist es her, dass ich, am 23. Mai 2006, mit dem Prolog angefangen habe. Damals lebte ich noch im Münsterland, war arbeitslose Bibliothekarin und ebensolche Buchhändlerin, hatte noch nie einen Nanowrimo geschrieben, und hielt die sechs Jahre, seit ich an die Arbeit an den »Chroniken der Elomaran« begonnen hatte, für eine lange Zeit.

Eindunddreißig Seiten schrieb ich in diesem ersten Jahr an »Zornesbraut«, und ähnlich gemütlich ging es weiter. Bis 2010 kamen jedes Jahr irgendwas zwischen dreißig und fünfundvierzig Seiten hinzu – »Zornesbraut« hatte es nicht eilig, und das aus gutem Grund: Es war der fünfte Band der Chroniken, und als ich es anfing, war der dritte Band noch nicht fertig.… Weiterlesen

bookmark_borderDie Angst vorm nächsten Band

Es fühlt sich immer noch sehr unwirklich an, dass ich wieder an den Elomaran arbeite – aber nachdem »Zornesbraut« zwölf Jahre auf Eis gelegen hat, bin ich jetzt an der Stelle angekommen, wo ich sagen kann: Noch zwei Kapitel, und das Buch ist fertig. Seit ich die Arbeit wiederaufgenommen habe, hat sich die Länge des Buches verdoppelt, von rund 75.000 auf knapp 150.000 Wörter, und ich steuere auf ein dramatisches Finale zu, dass ich mir vor mehr als einem Dutzend Jahren ausgedacht habe.

Das wirklich erstaunliche ist, dass das Buch tatsächlich noch funktioniert. Die Geschichte erscheint mir immer noch logisch, das Verhalten der Figuren ist plausibel – und ich habe immer noch das Gefühl, dass ich mir da eine wirklich gute Geschichte ausgedacht habe. Dabei schreibe ich nicht nur einen alten Plot runter – es ist eine Mischung aus den alten Ideen von vor 2011, rekonstruiertem Plot, den ich anhand eines alten Exposés wiedergefunden habe, und neuen Wendungen, die sich nahtlos ins Gefüge einpassen.

Und viel ist passiert in den sieben Kapiteln, die ich in der Zwischenzeit geschrieben habe. Es waren lange Kapitel, zum Teil deutlich zu lang, aber in der Zeit habe ich zwei Figuren getötet, die mich seit dem Jahr 2000 begleitet haben, ich habe einen Engelsschatz gefunden und einen anderen wieder verloren, ich habe einen leibhaftigen Engel auftreten lassen und eine alte Rache vollstreckt, und nur da, wo es darum ging, eine Freundschaft für immer zu zerstören, habe ich zurückgerudert, ein paar Seiten in die Tonne getreten und beschlossen, dass die beiden doch Freunde bleiben.… Weiterlesen

bookmark_borderKahlschlag ‘23

Seit ich im Herbst 2000 den »Chroniken der Elomaran« eine eigene Webseite spendiert habe mit dem erklärten Ziel, dass mehr Leute die Geschichte lesen und mir dann sagen sollten, dass sie toll war, hat es das ein oder anderen Redesign gegeben. Das erste Design, an Schlichtheit nicht zu überbieten, wurde erweitert, verfeinert, über den Haufen geworfen, wie man auf der Seite zur Webseitgeschichte im Screenshot nachverfolgen kann. Endlich, 2008, fand ich mein Traumdesign, schrieb den Quellcode dazu im Text-Editor, und war glücklich. Und wenn ich mir die Seite von damals anschaue, kann ich nicht anders als sagen, ja, so soll sie aussehen, die Seite zu den Elomaran.

Das Problem ist nur – so sieht sie für die allerwenigsten Internetbenutzer aus. Seit Anfang 2008 hat sich die Welt weitergedreht, die Technik weiterentwickelt. Und nur noch der geringste Teil der Webbenutzer surft am Desktoprechner. Deutlich mehr sind da am Smartphone unterwegs, einem Gerät, dessen Existenz ich zum Zeitpunkt, als ich die Seite gecodet habe, noch nicht absehen konnte und das doch gar nicht so lang nach dem Relaunch auf den Markt gekommen ist. Bis 2008 war ich mit der Webseite immer am Puls der Zeit, verfolgte aktuelle CSS-Entwicklungen und Designtrends – danach machte ich einen Haken drunter, rührte den Code nicht mehr an, und ignorierte relevante Änderungen komplett.… Weiterlesen

bookmark_borderZwölf Jahre später

Manchmal hat man ein Wiedersehen mit alten Freunden, und es ist, als wäre man nie weggewesen. Man umarmt sich und knüpft nahtlos an eine Unterhaltung an, die man 2011 geführt hat, man lacht viel und hat Spaß, und dann geht man wieder auseinander und sieht einander die nächsten acht Jahre lang nicht mehr. Und vom Schluss abgesehen, bin ich gerade genau da mit meinen »Chroniken der Elomaran«.

Seit dem ersten Juli schreibe ich wieder am fünften Buch, »Zornesbraut«. Der Einstieg verlief noch ein bisschen zäh. Ich hatte das Buch mitten in einer Szene stehenlassen, für deren Ausgang mir im Herbst 2011 der Plot fehlte, und als ich versuchte, da wiedereinzusteigen, hatte ich immer noch keinen Plot und musste überhaupt erst einmal rekonstruieren, was ich sonst noch für dieses Buch geplant hatte. Aber ich hatte einen Trumpf im Ärmel: Die Perspektive dieses Kapitel war die von Varyns Bruder Gaven, und Gaven hat wirklich den pflegeleichtesten POV der ganzen Reihe. Ich war in Null Komma Nix wieder in Gavens Erzählstimme, und dass ich sie dann zehn oder so Seiten lang nur für Landschaftsbeschreibungen genutzt habe, war eine Fingerübung, um wieder in die Geschichte reinzukommen.

Normalerweise schreibe ich nicht gern in dem Wissen, dass es für die Tonne ist, aber nach zwölf Jahren Pause, nachdem ich das Buch schon so gut wie aufgegeben hatte, streiche ich gern auch mal zwanzig Seiten weg, wenn ich dafür den Rest der Geschichte retten kann.… Weiterlesen

bookmark_borderQuo Vadis, Opus Magnum?

Vor über dreiundzwanzig Jahren, im Februar 2000, hatte ich die Idee für eine neue Geschichte – nein, nicht irgendeine neue Geschichte. Ein Großwerk. Mein Opus Magnum. Das klingt jetzt erst mal größer, als es in dem Moment wirklich war – schließlich hatte ich bereits das Buch, an dem ich damals eigentlich arbeitete, als  »Opus Magnum« bezeichnet. Das war die »Spinnwebstadt«, ich hing im vierten von vier Teilen, kam nicht voran, und immer, wenn es bei mir irgendwo klemmt, macht sich mein Hirn auf die Wanderung und sucht nach neuen Ideen. »Die Spinnwebstadt« sollte dann nach zähem Ringen drei Jahre später fertig werden, immerhin um die tausend Normseiten sind es am Ende geworden, und ich konnte stolz darauf sein – aber das ist nichts im Vergleich zu dieser neuen Idee. Tausend Seiten? Darüber können die »Chroniken der Elomaran« nur lachen. Und sieben Jahre, die ich an der »Spinnwebstadt« gearbeitet habe? Darüber erst recht. Dreiundzwanzig Jahre, Baby! Und noch kein Ende abzusehen …

Dabei war die Ausgangsidee erst einmal nicht übermäßig groß. Wenn ein König seine Krone verliert, und ein anderer findet die zufällig morgens in seinem Vorgarten und nimmt sie an sich – wer ist dann der rechtmäßige König? Das war alles, eine Idee, angelehnt an ein Referat über die Insignien des Heiligen Römischen Reichs, das ich ein paar Jahre davor während meines Studiums gehalten hatte.… Weiterlesen

bookmark_borderWat kütt? Dat kütt! IV

Silvester steht vor der Tür – Zeit für meine jährlichen guten Schreibvorsätze, aka. WKDK: Die Liste der Werke-in-Arbeit, die aus dem alten Jahr ins Neue mitgenommen werden. Das heißt nicht, dass die alle jetzt fertig werden müssen – aber zumindest ein paar von ihnen will ich hier in einem Jahr nicht mehr sehen. Namentlich diejenigen, die schon auf meinem letzten, vorletzten und drittletzten WKDK gestanden haben, meinen Schreibvorsätzen für 2011. Die umfassten damals nur sechs Titel – und zwei von denen sind immer noch nicht fertig. Inzwischen ist die Werksliste auf zehn Bücher angestiegen (zwischenzeitlich waren es mal dreizehn …) – und auch wenn ich schon des öfteren gegen meinen Grundsatz verstoßen habe, nur dann etwas Neues anzufangen, wenn auch etwas Altes fertiggeworden ist: Diesmal meine ich es ernst. 2016 gibt es also von mir:

Die Spiegel von Kettlewood
England, 1871. Iris Harding ist erst vierzehn Jahre alt und hat doch schon länger als ihr halbes Leben in der Textilfabrik gearbeitet, als ihre Mutter stirbt und sie noch ärmer als zuvor zurücklässt. Mit einer alten Schachfigur, die sie im Nachlass der Mutter gefunden hat, macht sich Iris auf zum Herrenhaus Kettlewood in Essex, wo die Mutter einmal gearbeitet hat und wo auch Iris‘ leiblicher Vater zu finden sein muss.… Weiterlesen

bookmark_borderWat kütt? Dat kütt! III

Warum war das Schreibjahr 2013 so ein Flop? Ganz einfach: Weil ich zum Jahreswechsel mein jährliches WKDK verpennt habe. Damit mir das in diesem Jahr nicht noch einmal passiert, ist hier nun die Liste derjenigen Werke, an denen ich 2014 zu arbeiten gedenke. Und es ist eine lange Liste. Kein einziges neues Buch ist dabei, nur Baustellen, die sich in den letzten Jahren angehäuft haben, und weil im vergangenen Jahr nichts fertig geworden ist, bin ich jetzt wirklich im Zugzwang. Schon jetzt habe ich fast für jeden Monat des Jahres eine neue Baustelle – und das heißt, ich darf wirklich nichts neues anfangen, bevor nicht ein, besser mehrere Bücher von der Liste abgearbeitet sind. Das, oder ich muss Projekte in Rente schicken – und das will ich wirklich nicht. Es geht ja nicht um Bücher, die nach einem Probekapitel gescheitert sind, sondern um lauter Ideen, die es schon auf mehr als hundert Seiten gebracht haben und mir zu lieb zum Begraben sind. Sie alle bringen Probleme mit sich, jedes hakt und klemmt auf seine eigene Art – aber sie sollen geschrieben werden, und auch wenn sicher nicht jedes einzelne von ihnen 2014 fertig werden kann, hoffe ich, dass ich zum Jahreswechsel doch das eine oder andere abzuhaken habe.… Weiterlesen